Nein, wir wollen nicht dem Wetterbericht Konkurrenz machen. Es geht um die Entwicklung bei Volkswagen. Die Finanznot aufgrund des Dieselskandals, die Notwendigkeit der Neuaufstellung des Konzerns und Absatzeinbrüche fordern ihren Tribut. Aber nicht bei den Boni der Vorstände oder den Dividenden der Eigentümer – wie im Kapitalismus üblich sollen die Beschäftigten die Zeche zahlen. Zu allererst die Leiharbeiter*innen, dann die Beschäftigten in den Projekten. Für die Stammbelegschaft gibt es noch eine Beschäftigungsgarantie um die Folgen der geforderten Produktivitätsfortschritte abzufedern. Auf den Betriebsversammlungen in Braunschweig und Wolfsburg präsentierten die Vorstände Witter und Müller die „Defizite“ der Marke VW: Zu hohe Entwicklungskosten und eine zu geringe Produktivität im Vergleich zu anderen Autokonzernen. Das soll die schon bekannten PersonalAbbauziele von 10% im indirekten Bereich und darüber hinaus erklären! Personalvorstand Blessing kündigte bereits an, dass Personalabbau unumgänglich sei und der Konzern das Instrument der Altersteilzeit nutzen werde, ohne die Abgänge zu ersetzen!
Um Geld für die neuen Unternehmensfelder Digitalisierung, Autonomes Fahren und E-Mobilität zu generieren, wird alles in Frage gestellt. Die Komponente, ganze Standorte, geraten wieder einmal unter Druck, weil ja deren Produkte auch bei anderen Firmen zu kaufen sind. Da werden schon jetzt Gelder für „alte“ Produkte gestrichen, obwohl noch keine neuen da sind. Ausbildungsplätze werden in Frage gestellt. Alles was Personal reduzieren kann, ist willkommen. Das gilt nicht nur für Braunschweig, sondern auch für Kassel und Salzgitter, deren Getriebe und Motoren durch die E-Offensive deutlich weniger nachgefragt werden. Das gilt auch für die Komponente in Wolfsburg.
Um die Arbeitsplätze bestmöglich zu sichern verhandelt der Gesamtbetriebsrat deshalb einen Zukunftspakt, der im November vorgestellt wird: Dort soll festgeschrieben werden, welche Standorte welche Produkte erhalten und wie sie ausgelastet werden.
Volkswagen wird sich auch diese „Arbeitsplatzsicherung“ von den Beschäftigten bezahlen lassen wollen. Wir sollten deshalb fragen, ob nicht die überzogenen Boni für die Manager und die Dividende für die Aktionäre teilweise auf dem Abgasbetrug beruhen und deshalb fordern, sie zur Sicherung der Arbeitsplätze heranzuziehen. Und noch eines sollten wir nicht vergessen: Die noch vorhandene Stärke des Betriebsrates beruht u. a. auf der Mitbestimmung aus dem VW-Gesetz und der Rolle des Landes Niedersachsen. Nicht allen Kritikern von Volkswagen geht es um einen berechtigten „Reinigungsprozess“. Es gibt auch Aktionäre und Konkurrenten denen unser Beharren darauf, dass Gewinne und Arbeitsplatzsicherung gleichrangige Ziele sein sollten, ein Dorn im Auge ist! Standortschließungen und Entlassungen, schlechtere Sozial- und Arbeitssicherheits-Standards sowie geringere Löhne würden die Profite sicher deutlich steigern!
Wir haben also etwas zu verlieren! Deshalb: Nicht Frust schieben und resignieren, sondern Wut entwickeln auf die Verantwortlichen im Konzern und Widerstand organisieren gegen alle, die unsere erkämpften Rechte und Tarifverträge schleifen wollen!
*Dies ist der Leitartikel des roten Käfers der September-Ausgabe: Diesen finden Sie hier.