Elektroautos sind der Renner. Zumindest in der Diskussion über die Zukunft der Branche. Seit dem Auffliegen der Betrugssoftware ist die Mär von der modernen und vor allem „sauberen“ Dieseltechnologie geplatzt. Da musste schleunigst umgeschaltet werden. Und damit rückten die Elektroautos, die jahrelang bei den deutschen Autobauern einen Dornröschenschlaf hielten, plötzlich in den Mittelpunkt. Alle Autokonzerne planen inzwischen für 2025 mindestens 20 – 25 % ihrer Produkte als E-Mobile, VW will laut Diess bis dahin sogar die „Weltmarktführerschaft bei E-Autos“. Dafür und um die Strafen in den USA zu finanzieren, soll die Belegschaft durch Stellenabbau kräftig zur Ader gelassen werden.
Allerdings: In den Hochglanz-Broschüren der Konzerne kommen die ungelösten Fragen bei diesem massiven Ausbau der E-Auto-Flotte, wenn überhaupt, nur am Rand vor. Als erstes muss hier der Slogan „null Emissionen“ hinterfragt werden. Denn die Emissionen entstehen zwar nicht beim Fahren, aber die Energie muss vorher in die Batterien geladen werden. Und dazu braucht man Strom aus dem Netz, dessen Erzeugung alles andere als emissionsfrei ist. Und das Gegenargument, man lade das Auto ja nur mit Ökostrom, ist eine Milchmädchenrechnung. Denn der grüne Strom fehlt dann irgendwo anders. Um die vielen neuen E-Autos klimaneutral zu laden, müsste der Ausbau der erneuerbarer Energien massiv in Angriff genommen werden. Die letzte Novellierung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) geht in die andere Richtung. Ein zusätzliche Problem ist das Gewicht der Batterien, die pro kg ca 50 mal weniger Energie speichern als Benzin oder Diesel (heutiger Stand). Entsprechend mehr Batteriegewicht ist erforderlich, um eine – noch immer eher geringe – Reichweite zu erreichen.
Die Energie ist nicht das einzige Problem der E-Auto-Batterien. Hinzu kommt der Bedarf vieler seltener Rohstoffe. An erster Stelle Lithium und Kobalt, aber auch Terbium, Neodym, Dysprosium und weiterer Verbindungen mit klingendem Namen. Das Vorkommen der meisten dieser Rohstoffe ist global eng begrenzt, was bei Realisierung der oben angesprochenen Ausbauplänen schnell zum Problem werden wird. Dazu kommt, dass diese Rohstoffe oft mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen gefördert werden. Z.B. Kobalt: für 10 Millionen E-Auto-Batterien (15% der derzeitigen jährlichen Welt-Autoproduktion) bräuchte man knapp 50 % der jährlichen Welt-Kobalt-Produktion. Die kommt vor allem aus dem Kongo (Coltan) und wird unter skandalösen Bedingungen mit massiver Kinderarbeit gefördert.
Ein weiterer Knackpunkt ist neben dem hohen Preis besonders die unzureichende Infrastruktur an Ladesäulen. Um den gewünschten Millionen neuen E-Auto-Kunden die „Reichweitenangst“ zu nehmen, haben die Hersteller kürzlich angekündigt, einige Hundert Millionen Euro in ein Schnellladenetz zu investieren. Auch die Bundesregierung will hunderte Millionen locker machen, damit an allen bewirtschafteten Rastplätzen zwei Schnellladepunkte entstehen. Das ist erstens ein technisches Problem: um die Autos in wenigen Minuten zu laden, muss der Bedarf für 100 Einfamilienhäuser in kurzer Zeit aus dem Kabel kommen. Die Stecker werden dabei so warm, dass Kühlsysteme eingebaut werden müssen. Und zweitens nicht gerade billig: 100.000 bis 150.000 Euro kosten laut ABB oder Siemens jede dieser Hochleistungs-Zapfsäuen. Wer soll’s bezahlen?
Viele Fragen, bisher wenig Antworten. Wir Kommunisten meinen: Die Förderung einer ökologischen Mobilität darf sich nicht allein an dem von der Autolobby erzeugten Elektroauto-Hype, inzwischen ergänzt um die Vernetzung der PKW mit dem Internet und dem autonomen Fahren, orientieren. Nötig ist ein gesamtgesellschaftlicher Rahmenplan für eine ökologische, soziale und sichere Mobilität. Dafür braucht es den Ausbau und die Vernetzung bestehender Verkehrsträger und -Systeme sowie neuer. Darin haben dann auch E-Autos einen Platz. So zeugt es nicht gerade von unternehmerischer Weitsicht, dass VW z.B. seinem ehemaligen Großkunden Deutsche Post keine E-Autos anbieten konnte. Und die Forschungen zum autonomen Fahren könnten z.B. im Hinblick auf die verheerenden LKW-Unfälle großen Nutzen haben. Gefördert werden sollte ein „Umbau“ der Automobilindustrie, bei dem nicht ausschließlich der Profit der Autokonzerne zählt und wieder einmal die Beschäftigten die Zeche zahlen müssen. Dafür wäre aber sehr viel mehr Einmischung und Druck von unten nötig.
*Dies ist ein Vorabdruck des roten Käfers der Januar-Ausgabe.